Türkei 1985
und folgende...

       

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Jetzt überspringen wir ungefähr 1000 Jahre. 1299 machte sich Osman I. zum Sultan. Er war ein tüchtiger Stammesfürst und konnte tatsächlich das Land in kurzer Zeit erobern und einigen. Die Osmanen herrschten dann im Land bis zum 1. Weltkrieg.

Im 1. Weltkrieg ist dann das osmanische Reich zusammengebrochen, die Griechen kamen ins Land und marschierten bis Ankara vor. Aber auch Atatürk kam und mobilisierte das ganze Volk. Am 30. März 1921 konnte er tatsächlich die Griechen entscheidend besiegen. Das ist die Geburtsstunde des modernen türkischen Staates.
Das wird natürlich jedes Jahr prächtig gefeiert: es marschieren kostümierte Janitscharen auf, die Elitesoldaten des Sultans. Zu ihren tänzerischen Schritten singen sie die alten Lieder der Bektaschi, einer militanten islamischen Bruderschaft.
Sie sehen verwegen und prächtig, aber auch gefährlich aus. Diese Janitscharen haben auch den Westen in Angst, Panik und Schrecken versetzt, als sie bis vor die Tore Wiens kamen.

Sie rekrutierten sich aus rechtlosen Sklaven, oft auch waren es Christen. Sie mussten totalen Gehorsam versprechen und ehelos bleiben, dafür aber hatten sie ein Recht auf Sold und Altersversorgung. Es war sogar so, dass ein Janitschar, wenn er sich bewährte, Aufstiegschancen hatte zum Berater des Sultans, sogar bis zum Großvesir.

Wenn auch Ankara die Hauptstadt der Türkei ist, so ist doch Istanbul die größte und bedeutendste Stadt geblieben. Die auf vielen Hügeln erbaute Stadt ist auch nach einer 2500-jährigen Geschichte noch immer ein lebhaftes Zentrum am Schnittpunkt von Asien und Europa.

Die Geschichte dieser Stadt war immer voller Widersprüche: Zum einen profitierte sie von dieser geographischen Lage zwischen den Erdteilen und zwischen den Meeren. Zum anderen aber litt die Stadt auch oft an dieser Lage: Sie war immer ein Zankapfel zwischen Ost und West und spiegelt auch heute noch die Zerrissenheit zwischen westlicher und östlicher Kultur.
   
Eines der großartigsten Bauwerke ist die Hagia Sophia. Im Jahre 532 ließ Kaiser Justinian den Grundstein für den heutigen Bau legen, und zwar an der Stelle der alten Kirche zur heiligsten Weis-heit, die niedergebrannt war. Der neue Bau sollte das eindrucks-vollste Gotteshaus der Welt werden. Bei der Einweihung soll der Kaiser ausgerufen haben: "Salomo, ich habe dich übertroffen!"
Im Jahre 1453, nachdem die Hagia Sophia mehr als 900 Jahre lang eine christliche Kirche war, wurde sie in eine Moschee umge-wandelt. Die Bilder und Mosaike wurden übermalt und es kamen Minarette dazu. Dieses prächtige Bauwerk war Vorbild für zahl-lose andere Moscheen - und so ist es, dass sehr viele islamische Gotteshäuser Nachbildungen einer christlichen Kirche sind.
Heute ist die Hagia Sophia ein Museum und man hat die Fresken und Mosaike wieder freigelegt, sodass wir heute dort christliche und islamische Ausstattungsteile nebeneinander sehen können.
Eine Moschee darf jeder betreten, nur muss man vorher die Schuhe ausziehen. Eine etwas ängstliche Reiseteilnehmerin hat einen Einheimischen gefragt, ob da nicht viele Schuhe gestohlen werden. Er hat geantwortet: "Wenn die Ihren nicht mehr da sind, dann sind andere da, suchen Sie sich welche aus." Im Inneren sind die meisten Moscheen einander ähnlich: Es gibt mehrere Gebetsnischen, eine Kanzel, von der das Freitagsgebet gesprochen wird (das wichtigste Gebet, zu dem alle Muslime in die Moschee kommen sollen). Der Fußboden ist mit Teppichen ausgelegt, die früher meist recht kostbar waren; und nicht zu übersehen ist ein großer Leuchter.



Die heutige Hauptmoschee Istanbuls ist die Sultan Ahmet Moschee, besser bekannt als die "Blaue Moschee". Sie hat sogar sechs Minarette. Die Anzahl der Minarette zeigt an, welchen Stellenwert die Moschee hat. Weil aber auch die wichtigste Moschee überhaupt, die in Mekka, sechs Minarette hatte, musste der Sultan für diese Moschee in Mekka ein siebentes Minarett stiften, damit ihr Vorrang gewahrt blieb.
Auch das Innere dieser Moschee ist außerordentlich eindrucksvoll: vier mächtige Pfeiler mit fünf Metern Durchmesser tragen die prachtvollen Kuppeln und 260 Fenster lassen sehr viel Licht einfließen.

 


   

Bei jeder Moschee sind Brunnen für die rituellen Waschungen und zur Erfrishung.

Zu den größeren Moscheen gehören häufig auch andere Einrichtungen: Koranschulen, die jetzt wieder sehr viel Zustrom haben und wo der Koran z.T. auch wieder in arabischer Sprache unterrichtet wird; Armenküchen oder auch Bibliotheken.

Natürlich auch Friedhöfe mit oft prunkvollen Mausoleen für die Stifter der Moschee. Wir können auf diesen Grabsteinen nichts lesen, ihre Gestaltung kann uns aber trotzdem etwas sagen: Ist ein Turban dargestellt, liegt ein Mann im Grab; sind es Blumenornamente, dann ist hier eine Frau begraben. Wenn ein Turban schief auf einem Grabstein sitzt, dann liegt ein Mann im Grab, den man geköpft hat.
     

Wandert man so von einer Sehenswürdig-keit zur nächsten, ist man mitten drin im Leben dieser Stadt. Dazu gehört das ungeheure Verkehrschaos vor allem zu den Stoßzeiten; dazu gehören aber natürlich und vor allem die Menschen, die einem begegnen:
Die Schuhputzer, z.B., die auch die schönsten Schuhe unbedingt noch putzen wollen und die z.T. für ihr Schuheputzen sogar eine Garantie geben.

Oft verlangen sie zunächst einmal horrende Preise, aber auch sie lassen natürlich mit sich handeln. Manche betreiben dieses Geschäft ernsthaft, andere, wollen nur mit den Touristen ins Gespräch kommen, wie dieser Mann hier rechts, um sie dann mitzunehmen in das Geschäft seiner Söhne. Uns hat's nichts ausgemacht, und so sind wir mitgegangen und in einem Ledergeschäft gelandet.

Zu diesem Leben gehört natürlich auch der große Basar, dieses berühmte Geschäftsviertel aus überdachten Geschäftsstraßen, in denen man alles bekommt vom Küchengeschirr bis zum Brautkleid, vom Schnuller bis zum Goldschmuck. Es soll hier allein fast 800 Schmuckgeschäfte geben.

Dieser Basar gehört zu den größten der Welt und man könnte Tage darin zubrin-gen. Natürlich ist auch hier der verlangte Preis eine Diskussionsgrundlage und eine Herausforderung zum Handeln. Wer gleich bezahlt, was verlangt wird, der kauft 1. teuer und er nimmt 2. dem Geschäftsmann die Freude am Geschäft.
In so einem Basar ist es heiß und man wird sehr durstig. Wir waren damals zu dritt unterwegs und wollten Abkühlung. Wir landeten wir in einer Fleischerei.
Gleich mussten wir uns setzen und alles versammelte sich um uns. Ein Junge wurde um Getränke geschickt. Man servierte uns zusätzlich eine kühle Melone - und stellte eine Menge Fragen.

Wahrscheinlich haben wir so mitgenommen ausgesehen, dass der Chef dieser Fleischerei von seinen Massagekünsten sprach und sofort anfing, uns zu massieren.

So konnten wir dann frisch und wie neu geboren unseren Weg durch den Basar fortsetzen.

     
Einer der Anziehungspunkte in Istanbul ist auch der Palast des Sultans, das Topkapi Saray. Diese Darstellung am Eingang gibt einen Überblick über die verwirrende Vielfalt der Gebäude, die es hier gibt. 700 000 m2 ist der Palast groß - und damit größer als der ganze Vatikan. Er ist Spiegel der Macht und Pracht der Sultane und Kommandozentrale des mächtigen osmanischen Reiches. Mitte des 17. Jahrhunderts lebten im Palast mehr als 40 000 Menschen, alle zu Diensten des großen Herrschers. Die verschiedenen Höfe gliedern den Palast in Einzelbezirke: z.B. die Residenz, die Schatzkammer, eine eigene Münze, den Harem, ein Krankenhaus, den Sitz der Parlamente, den Wirtschaftshof und natürlich den Küchentrakt.
Im 15. Jhd. wurde mit dem Bau begonnen. Als erstes hat man den Bauplatz mit einer fünf Kilometer langen Mauer umgeben, die mit Zinnen und zahllosen Türmen bewehrt war. Dann hat einfach jeder Sultan, ganz nach Lust und Laune etwas hinzugefügt: einen Pavillon, eine Bibliothek, einen Brunnen oder ein anderes Bauwerk. So ist diese Vielfalt entstanden.
Heute sind hier Museen untergebracht, die die Schätze der Sultane beherbergen, aber auch islamische und christliche Reliquien und andere Kostbarkeiten. Z.B. kann man hier diesen Thron, der mit mehr als 25000 Perlen besetzt ist, sehen. Aber hier sind auch Barthaare und Mantel des Propheten Mohammed ausgestellt und die Schädel-decke und Armknochen von Johannes d. Täufer (?).
Im Palast ist aber auch der Harem, ein Ort, der für viele Besucher besonders anziehend ist (in Gedanken vielleicht auch ausziehend). Viele stellen sich stundenlang an, um Einlass zu finden.
Harem, das bedeutet: Haus der Seligkeiten - und darüber spannen sich Märchen, Geschichten und Rätsel. Besonders die Phantasie der Reisenden aus dem Westen hat phantastische Blüten getrieben. Man sprach von unschätzbarem Reichtum, vom Schicksal schöner, entführter Frauen, von leidenschaftlichen Nächten, geheimnisvollen erotischen Festen und üppigen Gelagen.
Sultan Suleyman I., der Prächtige hat Mitte des 16. Jhd. den Harem zum Herzstück des Palastes gemacht. Er hatte damals mehr als 400 Zimmer und Wohnungen und diente den Frauen und Kindern als Unterkunft, dazu den Eunuchen, die als Wächter und Bedienstete hier angestellt waren, und natürlich dem Sultan.
Die Frauen des Harems waren oft Töchter von Kriegsgefangenen aus Ost und West oder weibliche Sklaven, die man auf Märkten kaufte, oder auch Frauen, die ausländische Machthaber dem Sultan zum Geschenk machten.
Es ging hier im Harem natürlich nicht immer so märchenhaft zu wie in Tausend-und-einer-Nacht.
Die Mädchen erhielten eine künstlerische Ausbildung nach ihren Fähigkeiten in Tanz, Gesang oder Instrumentalmusik. Natürlich wurden auch spezielle Diäten gekocht, damit die Frauen sich langsam dem Schönheitsideal des jeweiligen Sultans anpassten. Nach neun Jahren erhielten die Frauen wieder die Freiheit und dazu viel Geld. Nur die Favoritinnen des Sultans mussten länger bleiben - meist wollten sie das auch selbst.
Eine besondere Stellung hatten auch die Frauen, die dem Sultan einen Sohn gebaren, denn damit hatten sie die Chance, Mutter des nächsten Sultans zu werden, was eine ganz wichtige Stellung im ganzen Reich bedeutete.


Neben den Romanzen passierten im Harem aber auch viele Grausamkeiten, meist aus Machtgier der Herrscher.
So haben viele Sultane ihre Brüder und sogar Söhne umbringen lassen, damit ihnen niemand die Macht streitig machen konnte. Mehmet III. hat z.B. seinen Sohn und seine 19 Brüder köpfen lassen. Aber auch abgesetzte Sultane pflegte man im Harem zu köpfen. Das Schwert muss jedenfalls oft gesprochen haben, denn es gab sogar einen eigenen Brunnen, in dem man die Schwerter wieder vom Blut gewaschen hat.


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